Auf der Suche nach der lebenswerten Zukunft

Kategorie: Literarisches

Rezension: Karin Janson – Eine Frau, ihr Bus und der unverschämt kluge Plan

Ein Buch über das persönliche Wachstum

Annie hat gerade den Krebs besiegt, um dann langsam erkenne zu müssen, dass sie ihr gesamtes Leben ändern muss, um auch wirklich weiter zu leben. Ihre Ehe, ihr Verhältnis zu ihrem Sohn und zu ihrem Vater, ihre Arbeit und ihre Freundschaften; irgendwie scheint da nichts richtig schlimm, aber eben auch nichts richtig gut zu sein. Als einer ihrer Kunden (sie ist Altenpflegerin) stirbt, findet sie in seiner Garage einen alten roten Bus, den sie sich kauft und ihn ausbaut, um im Sommer durch das schwedische Hinterland zu fahren und aus dem Bus heraus Unterwäsche zu verkaufen.

Das Buch liest sich sehr gut und ist flüssig und einfach geschrieben. Zu Beginn dachte ich daher, dass ich eine seichte Lektüre vor mir hätte und ein Buch mit einer Geschichte, die mich einlullt und mir keine tieferen Erkenntnisse zukommen lässt.

Auch die Charaktere haben mir am Anfang überhaupt nicht gefallen. Ich war zu Beginn von Annie genervt und fand ihre Arbeitskolleginnen Zaybab und Carola ätzend und nervig. Noch schlimmer empfand ich nur ihrem Ehemann Marten gegenüber.

Im beiden wurde ich am Ende eines besseren belehrt. Ich habe alle diese Charaktere zum Ende hin lieben gelernt und hätte am liebsten jeden von ihnen persönlich kennen gelernt. Okay, außer Marten, den mochte ich bis zum Schluss nicht wirklich.

Zu Annie: während sie mir zu Beginn der Geschichte langweilig und farblos erschien, hat sie sich während ihrer Fahrt mit dem roten Bus immer weiter entwickelt und sich selbst aus allen Verwicklungen gelöst, die sich im Laufe ihres Lebens eingegangen war. Im Grunde genommen hat sie sich mit dem Lauf des Busses entschieden sich selbst zu ermächtigen und sich von allen um sich herum nicht mehr objektivieren zu lassen.

Und mit dieser Entwicklung von Annie, entwickelt sich ihr und mein Bild auf die anderen Charaktere. Am Ende konnte ich mich mit ihr und ihnen identifizieren! und für mich einiges aus dem Buch mitnehmen.

Und gerade die „einfache“ Sprache hat dazu geführt, dass ich ohne Anstrengung von der Geschichte lernen konnte…

Ich empfehle das Buch Frauen, die sich in ihrem eigenen Leben ein Stück weit gefangen fühlen. Und Männern, denen es genauso geht. Eigentlich sollte das Buch jeder lesen, der sich in ein Leben eingewickelt hat und dem es vielleicht helfen könnte darüber nachzudenken, ob er dieses eingewickelte Leben so weiterführen möchte.

Rezension: „Schneesturm – der Fall des Königenhofs“ von Julia Heinecke

⭐️⭐️⭐️⭐️ 4 von 5 Sternen

Gelesen habe ich diesen historischen Roman im November 2023, während wir einen Teil des Herbstes im Schwarzwald verbracht haben. Zwar habe ich den Winter dort in den Bergen und Tälern nicht erlebt, kann und konnte mir aber die Ausgangssituation sehr gut bildlich vorstellen. Gerade nach einem Besuch im Freilichtmuseum Vogtsbauerhof hatte ich den Hof mit Stube und Milchhäusle, wie es 1840 ausgesehen haben muss, gut vor Augen.

In ihrem Werk „Schneesturm – der Fall des Königenhofs“ erweckt Julia Heinecke eine der tragischsten Naturkatastrophen des 19. Jahrhunderts im Schwarzwald zum Leben. Die detailreiche Schilderung der Zerstörung des Königenhofs durch eine Lawine und das Schicksal der 16 Opfer sowie der sechs Überlebenden wird mit großer Sorgfalt und Respekt für die historischen Überlieferungen behandelt.

Heinecke teilt das Buch in zwei Abschnitte: Das Leben vor der Tragödie und die Folgen danach. Dabei bleibt sie bemerkenswert nah an den wenigen vorhandenen historischen Quellen und ergänzt nur sparsam, um ein authentisches Bild des Hoflebens und der Ereignisse zu zeichnen. Diese Zurückhaltung bei der Fiktionalisierung betont die historische Genauigkeit des Werkes.

Der Perspektivwechsel zwischen den verschiedenen Bewohnern und Menschen der Umgebung ermöglicht ein tiefes Eintauchen in ihre individuellen Schicksale. Dies macht das Buch besonders eindrucksvoll und emotional. So konnte ich sowohl die Emotionen der Mutter Walburga nachempfinden, als auch die der Magd Gertrudis oder der unbeugsamen Tochter Bibiane.

Der Schreibstil ist einfach und gut zu lesen, sodass sich das Buch gut zur Zerstreuung und abendlichen Lektüre eignet. Dabei ist es spannend genug, sodass ich es immer wieder gerne in die Hand genommen habe.

An vielen Stellen hätte ich mir eine weitere Ausschmückung der Geschichte und der Figuren gewünscht, respektiere aber Heineckes Entscheidung, sich eng an die überlieferten Fakten zu halten, was die Authentizität des Buches unterstreicht.

„Schneesturm – der Fall des Königenhofs“ ist ein emotional tiefgreifendes und historisch akkurates Werk, das die Leser*innen in eine andere Zeit entführt und sie Teil eines bewegenden Kapitels der Geschichte werden lässt.

Rezension: Die subtile Kunst des Darauf S*cheißens – Mansons ungeschminkte Wahrheiten

Bewertung: ★★★★☆

In „Die subtile Kunst des Draufsch****ns“ konfrontiert uns Marc Manson mit einer unmissverständlichen Wahrheit: Wahres Engagement für unsere Träume verlangt, dass wir uns auch mit den Opfern auseinandersetzen, die sie von uns fordern. Sein Buch ist ein kraftvoller Appell an die Selbstverantwortung und die notwendige Akzeptanz, dass jede Entscheidung ihren Preis hat.

Manson zerlegt das oft zitierte positive Denken in seine Einzelteile und präsentiert uns stattdessen eine rohe, direkte Sichtweise auf das, was es heißt, im Leben Prioritäten zu setzen. Es ist die Sprache des Buches, die ohne Umschweife zum Kern vordringt und uns nicht durch unnötig verschachtelte Sätze vom Wesentlichen ablenkt. Dieser Zugang schafft Raum für Reflexion und ermutigt dazu, sich auf das zu konzentrieren, was wirklich zählt – und gleichzeitig die Bereitschaft zu kultivieren, für unsere Träume und Pläne auch Leid zu ertragen.

Während meiner Reise durch Europa in unserem Wohnwagen, auf der Suche nach einem erfüllten Leben, wurde mir dieses Buch von einer Freundin ans Herz gelegt. Es hat mir geholfen, meine eigenen Lebensentwürfe kritischer zu betrachten und die oft verkannte Tatsache anzuerkennen, dass die Verwirklichung jedes Traumes auch seine Opfer verlangt. Diese Lektion hat es mir ermöglicht, meine Träume und die dazugehörigen Opfer in ein neues Licht zu rücken und bewusster zu entscheiden, welche Anstrengungen ich wirklich auf mich nehmen möchte.

Das Buch erhält von mir vier von fünf Sternen, weil es manchmal an tiefergehenden Lösungsansätzen für die komplexen Fragen des Lebens fehlt. Nichtsdestotrotz liefert „Die subtile Kunst des Draufsch****ns“ eine provokante, doch eindringliche Botschaft über die Kunst, in einem überfordernden Meer von Möglichkeiten die wirklich bedeutsamen Ziele zu erkennen und zu verfolgen. Ein wertvoller Ratgeber für diejenigen, die bereit sind, nicht nur ihren Träumen nachzujagen, sondern auch die damit verbundenen Härten anzunehmen.